Matroschkas
Bühne frei…
Für bühnenreif hätte diese Staubfänger wohl niemand gehalten, aber Tim Shafer, Gamedesigner von Legende, belehrt die Welt eines Besseren. In seinem jüngsten Download-Only-Titel Stacking haucht er den Matroschkas Leben ein und entführt uns in die Welt des Stummfilms.
So funktioniert Stacking
Mit Hilfe des freundlichen Landstreichers Levi erreicht Charles den königlichen Bahnhof, wo das eigentliche Spiel beginnt. Es geht bei Stacking darum, mit Charles in größere Figuren hinein zu schlüpfen, um so die Kontrolle über diese zu übernehmen. Dabei gibt es zwei entscheidende Haken: erstens können wir nur in eine Figur schlüpfen, die jeweils genau eine Stufe größer ist, und zweitens müssen wir uns einem Charakter immer von hinten nähern, um diesen zu übernehmen. So gilt es, geschickt zu stapeln, denn jede Figur hat eine spezielle Fähigkeit, die uns beim Lösen von Aufgaben helfen kann.
Motivation
In ähnlicher Manier erwarten uns insgesamt 17 Aufgaben mit zusammen 61 Lösungswegen in 4 Kapiteln. Außerdem gibt es Figurensets zu sammeln und viele Spielereien zu entdecken. Unser Freund Levi verwaltet unsere Erfolge. Er baut unser Geheimversteck am Bahnhof nach jedem Abenteuer aus und schmückt es mit Bildern aller Aufgaben, die wir gelöst haben, sowie Plastiken von jeder einzigartigen Figur, die wir je gestapelt haben.
Aber noch viel mehr als das motiviert in Stacking die Tragweite unserer Handlungen. Charles Blackmore verändert die Welt, in der er lebt und schreibt Geschichte. Denn unser Ziel ist weitaus größer, als nur unsere Familie zu retten. Es geht um nichts geringeres, als Kinderarbeit ein für alle Mal zu verbieten und zu beenden. Der Zeitungsverkäufer am Bahnhof hält dabei die Matroschka-Welt auf dem Laufenden. So können wir nach jedem Abenteuer Figuren am Bahnhof beobachten, die die neuesten Schlagzeilen lesen, und immer öfter wird dabei der Name Blackmore fallen. Das macht stolz!
Charlie Chaplin lässt grüßen
Stacking behandelt das ernste Thema Kinderarbeit ebenfalls gekonnt mit Humor, und verbirgt dabei auch viele gesellschaftskritische Töne im Detail. So gibt es im letzten Kapitel eine Figur, die aus ihrem großen Zylinder Öl schütten kann und über die neusten Kinderarbeitspläne des Barons sagt: “Die Investitionsgelegenheiten sind gewaltig!â€. Im zweiten Kapitel ist es unsere Aufgabe, auf dem goldenen Dampfschiff eine Meuterei anzuzetteln. Die berühmte Passagierin Madam Habitant bringen wir dabei ganz einfach auf die Barrikaden, indem wir schlichtweg die Kaviarküche sabotieren.
Tim Shafer wird man deswegen kaum subversive Absichten unterstellen und ihm nach seinem nächsten Auslandsaufenthalt die Wiedereinreise in die Vereinigten Staaten verwehren, wie es Chaplin passierte. Aber, man lese und staune: Das amerikanische, in Sachen Gaming führende Online Magazin IGN verweist im Review ausdrücklich darauf, dass es sich bei Stacking nicht um “sozialistische Propaganda†handelt.
Fazit
Stacking wird nicht Jedem gefallen. Es ist kurz und hat ein deprimierendes Thema. Das Gameplay ist fast nur Spielerei und bietet zu keinem Zeitpunkt eine wirkliche Herausforderung. Eine mögliche Lösung zu jedem Rätsel ist meist schnell gefunden, und sollte man sich dennoch einmal ratlos am Kopf kratzen, kann man jederzeit auf das integrierte Hilfesystem zurückgreifen.
Und doch ist Stacking ein ganz besonderes Juwel, denn was es wirklich auszeichnet, ist sein einzigartiger Charme und seine Liebe zum Detail. Die skurrilen Szenen und Figuren geben oft Grund zum Schmunzeln, aber nur selten durch Klamauk. Ein Mann beispielsweise furzt grüne, stinkende Gaswolken, während eine Dame später aus derselben Körperöffnung duftende Blumenwolken verströmt. Und wenn wir uns in eines der Kinder stapeln, die wir aus dem Kohleraum befreit haben, schmunzeln nur noch Zyniker. Die spezielle Fähigkeit, die wir dann entdecken, heißt nämlich “Schwarzer-Lungen-Hustenâ€, und lässt das arme Kind seine eigenen Wolken ausstossen: kleine, schwarze, aus dem Mund.
Stacking ist ab 0 Jahren freigegeben, und das ist schön. Denn hinter allem, was ich bisher beschrieben habe, liegt die Geschichte einer Familie, die zusammen hält. Komme, was da wolle! -a
Stacking wurde entwickelt von Double Fine Productions, wird vertrieben von THQ und ist erhältlich über PlayStation Network und Xbox Live Arcade.
3 Antworten zu “Stacking Review”
Von Stacking habe ich bis jetzt nur die Demo gespielt. Die Spielidee mit den unterschiedlich großen Holzpuppen, die alle verschiedene Fähigkeiten haben gefällt mir sehr gut. Auch das einige Fähigkeiten nur der eigenen Unterhaltung/Belustigung dienen und nichts mit den Rätseln zu tun haben, lockert das Spiel angenehm auf. Überrascht wurde ich durch die Geschichte. Ein so ernstes Thema hätte ich nicht erwartet. Die Story wirkt dadurch aber nicht störend. Es ergibt alles ein sehr stimmiges Gesamtbild. Wenn ich demnächst mein Microsoft Punktekonto mal wieder auflade wandert das Spielchen bestimmt auf meine Festplatte.^^
lustig… das thema find ich zwar öde, aber die idee, texte zu schreiben, eigentlich sehr gut. macht sowas doch mal öfter… *thumbs up*
Irgendwie findet es niemand verstörend, dass man in andere Personen reinschlüpft und denen ihren freien Willen nimmt. Ganz ehrlich, mich hat das gestört. Und die Kamera, ansonsten eine super gemachtes Rätsel-Game, zu kurz fand ich es nicht. Wenn man alle Lösungen sucht (jedes Rätsel kann auf verschiedene Arten gelöst werden), hat das Spiel genau die richtige Länge, ich zumindest hätte mich nicht länger damit beschäftigen wollen.